Agile vs Waterfall
von Christoph Friedrich
Agiles Projektmanagement, agile Softwareentwicklung, agiles Personal: Welcher Chef kann sich diesem – was ist es, Trend? Zeitgeist? Hype? – noch entziehen? Wenn man nicht agil unterwegs ist, wie dann? Agile vs Waterfall, wir schauen uns das mal an.
Agil leitet sich vom lateinischen “agilis” ab, was wiederum mit “agere” zu tun hat. “Agere” bedeutet “tun”, “handeln”, “machen”. Im Deutschen bedeutet agil beweglich zu sein. Das ist sicherlich eine positive Eigenschaft, und dieses Attribut hat der Methode sehr geholfen. “Agil” ist im westlichen Kulturkreis wesentlicher besser konnotiert als das Attribut “extrem”, weswegen “Extreme Programming” auch nie extrem gut verbreitet war.
Die Methodik “agil” zu nennen ist marketingtechnisch so geschickt, wie ein Betriebssystem als “Windows” zu vermarkten. Ist man nicht agil, dann ist man unbeweglich, steif oder doch mindestens behäbig. Das sind nun alles keine schönen Eigenschaften und man muss sich schon schämen, wenn man noch nicht oder nicht mehr agil ist.
Nur Blasphemiker und Zyniker finden Freude daran, die agile Gemeinde damit zu ärgern, dass das Wort “Scrum” keineswegs so entstanden ist, wie es die Sage berichtet. Vielmehr seien es ein paar mäßig begabte Programmierer gewesen, die auf die geniale Idee kamen, weit vor Beginn des postfaktischen Zeitalters durch Herumdrehen der Bezeichnung, die ihren Produkten zugeteilt wurde, eine Methode zu machen. So sei aus “Murcs” Scrum entstanden.
Wie nennt man nun die bekannten, auf vielen Jahren Erfahrung basierenden Methoden? “Wasserfall“-Methode? Nein, das hört sich so an, als wenn man damit baden gehen würde. “Klassisches” Projektmanagement? Das ist schon besser. Wir lieben klassische Musik und wir schätzen ihre Qualität, auch wenn sie vor mehr als 250 Jahren entstanden ist. Wir könnten die Methodik auch ganz schlicht “Gute Methodik” nennen. Damit wäre sofort deutlich, was wir von den anderen halten. Aber die meisten reden von “Agile vs Waterfall”.
Die agile Bewegung (übersetzen Sie das mal) hat der Softwareentwicklung und dem Projektmanagement einige positive Impulse gegeben. Insbesondere hat sie daran erinnert, dass der Mensch nicht vom Code alleine lebt, aber doch hauptsächlich. Trotz dieses Verdienstes bleibt ein leichtes Unbehagen, wenn man das Wort “agil” hört und selbst zu der Spezies gehört, die Requirements Engineering und Design nicht für völlig überholt erachten und die nicht davon zu überzeugen sind, dass man alle zwei Wochen eine neue verkaufsfähige Version eines LKWs publizieren kann. Agil oder klassisch ist wohl nicht die richtige Frage: Jenseits aller Dogmatik suchen die erfolgreichen Pragmatiker das, was wirklich nützlich ist. Sie lassen sich nicht von Methoden-Evangelisten ein Gefühl ähnlich dem vermitteln, das den kritischen Leser beschleicht, wenn er an eine der 203 Stellen im edlen Quran gerät, wo erläutert wird, was den Ungläubigen bevorsteht.
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