Ticketsystem: Vergleich und Test
von Gabriella Martin
Ein Ticketsystem ermöglicht die systematische Behandlung von Problemen, die Kunden oder die eigene Belegschaft mit einem Produkt oder einer Dienstleistung haben.
Es gibt weit über hundert freie und kommerzielle Lösungen, von denen wir die mit deutscher Bedienschnittstelle getestet haben. Die uns am besten gefallen haben, stellen wir hier in alphabetischer Reihenfolge vor.
- Allegra
- Axios
- Bold360
- Deskero
- DeskPRO
- Freshservice
- HEAT ITSM
- Leaddesk
- LiveZilla
- ManageEnginde
- ORTS
- Request Tracker
- SolarWinds MSP
- Spiceworks
- Sugester
- TecArt – Trouble Ticket System
- TicketXpert
- Track-it!
- UseResponse
- Zammad
- Zendesk
- ZupportDesk
Allegra
Allegra überzeugt auf den ersten Blick durch eine moderne und übersichtliche Oberfläche. Ein ansprechend gestaltetes Dashboard informiert über bestehende Tickets, deren Bearbeitungsstand und die letzten Aktionen. Die Software ist leicht bedienbar, schön und intuitiv. Aufgaben können nach unterschiedlichsten Kriterien gruppiert werden und lassen sich per Dra & Drop anderen Mitarbeitern zuweisen.
Aufgeräumte und schicke Bedienoberfläche
Als Besonderheit bietet Allegra einen eigene Webanwendung für den Kunden. Diese ist äußerst einfach gehalten und macht es den Kunden leicht, Tickets einzugeben und nachzuverfolgen.
Allegra bietet eine Arbeitszeiterfassung, automatische Zuordnung der Organisationszugehörigkeit anhand der E-Mail-Domain, die Möglichkeit, Tickets zu splitten sowie eine schnelle Volltextsuche, die auch Anhänge indiziert.
Eigenes Hosting oder Cloud
Das in Java und JavaScript entwickelte Allegra bietet Installationspakete für Windows, Linux und steht als Docker-Container bereit.
Über eine REST-API lässt sich das Ticketsystem in bestehende Systemumgebungen integrieren. Es ist fernerhin möglich, Datenbanken anderer Systeme wie z.B. CRM oder ERP in Allegra einzubinden.
Wer Allegra nicht auf eigenen Servern installieren möchte, kann von der Steinbeis GmbH & Co. KG eine Cloud-Lösung mieten. Das Hosting erfolgt nach Herstellerangaben in einem zertifizierten Rechenzentrum in Deutschland, sämtliche Daten werden DSGVO-konform verwaltet.
Die Preise sind fair: je nach Nutzeranzahl und gewünschtem Funktionsumfang liegen sie bei 40 Euro (Starter) und 150 Euro (Enterprise) pro Monat für die Cloud-Lösung und 600 Euro (Starter) und 1400 Euro (Enterprise) einmalig für die selbst betriebene Ausführung. Bei der Cloud-Lösung erhält der Kunde eine komplette betriebsfertige Lösung auf einem eigenen dedizierten Server.
Fazit
Allegra macht auf den ersten Blick einen sehr guten Eindruck: die Oberfläche ist schick und intuitiv, die Software wirkt ausgereift und bietet einen beeindruckenden Funktionsumfang. Die Konfigurations- und Integrationsmöglichkeiten erlauben eine einfache Anpassung an die eigenen Bedürfnisse. Allegra lässt sich darüber hinaus auch als vollwertiges Projektmanagement-Werkzeug verwenden.
Die Vorteile von Allegra auf einen Blick:
+ Moderne, ausgereifte und leistungsfähige Lösung
+ Reichhaltiger Funktionsumfang
+ Weitgehend konfigurierbar und anpassbar
+ Benutzerfreundliche Bedienoberfläche
Die Nachteile:
– Erstkonfiguration erfordert Einarbeitung
– Trotz der sehr guten Funktionalität bisher noch wenig verbreitet
OTRS
Mit mehr als 160.000 Installationen in mehr als 38 Sprachen ist ((OTRS)) Community Edition das führende Open-Source-Ticket- und Helpdesk-System. Neben der funktional eingeschränkten Community Edition gibt es vier Pläne als Cloud-Lösung. Einen Vergleich der einzelnen Versionen finden Sie hier.
Mit der Community Edition (OTRS) können Sie Ihre Anforderungen anpassen, angefangen von der einfachen Ticketerfassung für die Meldung von Vorfällen bis hin zur Unterstützung der ITIL-Prozesse Incident, Problem, Change Management und Request Fulfillment. Besonders hervorzuheben ist das Standalone-Modul für IT Service Management OTRS :: ITSM, das derzeit in der Version 5 verfügbar ist. Tickets können über die Kanäle E-Mail, Telefon, Kunden-Web-Frontend, Fax, Chat und SMS erstellt werden.
Die einzelnen Funktionen, auf die über das Webinterface zugegriffen werden kann, sind als separate Module implementiert, sodass die ((OTRS)) Community Edition um derzeit 44 verfügbare Funktionen erweitert werden kann. Das Webinterface selbst verfügt über eine eigene Template-Sprache (Dynamic Template Language, DTL), die eine flexible Datenausgabe ermöglicht. Die Open-Source-Software ist unter der Affero General Public License V3 (AGPL) frei verfügbar.
Seit Version 5s (veröffentlicht im letzten November) verfügt ((OTRS)) Community Edition über integrierte Kalenderfunktionen und WebRTC-basierte Videokommunikation (“EasyConnect”). Mit letzterem können sich Kunden mit einem Helpdesk-Agenten direkt mit dem Browser verbinden.
Der StayOrganized-Kalender verwaltet nicht nur die Termine von Teams, sondern verknüpft auch Termine und Tickets und ermöglicht eine zentrale Einsatzplanung. Infolgedessen entwickelt sich das Ticketsystem zu einer Lösung für alle Servicemanagementaufgaben.
Durch das Modul Ready2Adopt können in Version 5 Prozessvorlagen für standardisierte Workflows von Vorfällen, Bestellungen, Zimmerreservierungen, Urlaubsanträgen, Reisekostenabrechnungen oder ähnlichen Vorgängen erstellt werden. Es kann Informationen aus Tools wie JIRA und Bugzilla integrieren.
Dank der generischen Schnittstelle können viele Fremdsysteme wie Warenwirtschafts- oder Kundenverwaltungssysteme über SOAP und REST angebunden werden. Das System kann auch über den i-doit / ((OTRS)) Community Edition Connector in die IT-Dokumentationssoftware i-doit integriert werden, und der i-doit / openITCOCKPIT Connector ermöglicht die Verbindung zum openITCOCKPIT-Überwachungssystem. Die vielfältigen Anbindungen ermöglichen ein integriertes Service-Management.
Verbesserte Sicherheit durch PGP und S / MIME
Die Sicherheit wurde ebenfalls verbessert: Tickets werden jetzt mit PGP oder S / MIME signiert / verschlüsselt und ausgehende E-Mails werden verschlüsselt. Zertifikate können in OTRS oder in einem LDAP-Verzeichnis gespeichert werden. Eine Zwei-Faktor-Authentifizierung für höhere Anmeldesicherheit wurde bereits mit Version 5 eingeführt.
Viele der oben beschriebenen neuen Funktionen sind nicht in der kostenlosen, sondern nur in der kostenpflichtigen Business-Variante verfügbar.
Funktionsübersicht
- Wissensmanagement nach Wissensbasis
- Erinnerungen / Eskalation
- Automatisierung / Prozesse / Workflows
- Konfigurierbare Benachrichtigungen
- Dynamische Felddatenbank: Anzeige von Daten aus externen ERP / CRM-Systemen
- Berichtsgenerator für PDF-Statistikberichte
Die Vorteile in Kürze:
+ Vielfältige Konfigurationsmöglichkeiten
+ Hohe Integrationsfähigkeit durch Schnittstelle über SOAP und REST
+ Bereit für Unternehmen: Mehrere tausend Tickets pro Tag, die von einer beliebigen Anzahl von Agenten bearbeitet werden können
+ gute Akzeptanz bei den Anwendern
Die Nachteile:
– Nicht unerhebliche Lernkurve
– Viele nützliche Funktionen sind kostenpflichtig
– Schlechte Dokumentation
KIX
Im Herbst 2015 gab der eher ruhige Helpdesk-Markt ein Raunen von sich: Die Firma Cape IT gab bekannt, dass sie die Entwicklung einer Ausgabelung des Ticketingsystems OTRS plant. Aus Sicht von Cape IT waren die Gründe dafür Qualitätsschwächen bei der Entwicklung von OTRS, mangelnde Einsicht in die langfristige Produkt-Roadmap und die Frage nach der Produktverfügbarkeit vor dem Hintergrund der Cloud-orientierten OTRS Business Solution .
OTRS-Fork auf der CeBIT uraufgeführt
Auf der CeBIT 2016 wurde KIX (basierend auf OTRS 5) erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Seitdem ist viel passiert mit dem Produkt, das aktuell in Version 17.0.1 ist. Das Ticketsystem kann sowohl im Unternehmen (vor Ort) als auch in der KIX ManagedCloud verwendet werden. Cape IT möchte KIX so weiterentwickeln, dass die Software vollständig unabhängig von OTRS wird. Damit wächst die Bad Homburg OTRS AG neben Allegra zu einem weiteren Open-Source-Wettbewerber.
KIX ist unter der GNU AGPL V3 freigegeben. Das System bietet Windows Installer für alle gängigen Linux-Distributionen (Debian / Ubuntu, RHEL / CentOS, openSUSE und sogar SELinux). Es kooperiert mit den Datenbanksystemen PostgreSQL, MariaDB, MySQL, Oracle und in Verbindung mit Windows Server MSSQL Server.
Die Firmenversion KIX Professional beinhaltet folgende Module:
- Auftragsverwaltung
- Fehlermanagement
- Serviceverträge / Servicekatalog
- Wissensmanagement
- Geräte-DB / CMDB
- Prozesssteuerung
Speziell für den technischen Außendienst gibt es KIX Professional MRO (Maintenance, Repair, Overhaul). Diese mit dem Industriepreis “BEST OF 2017” ausgezeichnete Version deckt nicht nur den Funktionsumfang von KIX Professional ab, sondern auch die gesamte Wartungs- und Serviceplanung für Maschinen, Produktionsanlagen oder Werkzeuge. Die Unterschiede zwischen den Versionen KIX, KIX Professional und KIX Professional MRO finden Sie in dieser Übersicht.
Vorteile von KIX
KIX ist ein vollwertiges Ticketsystem, das auf dem etablierten Open Source-Marktführer OTRS basiert. Interessant ist die MRO-Version mit Besonderheiten für produzierende Unternehmen. KIX bietet ein ITIL-konformes Workflow-Management und Zusatzmodule für eine Kanban-Karte und den IT-Grundschutz. Bei Cape IT erhalten Sie langfristigen Support für die kommerzielle Version KIX Professional.
Nachteile von KIX
Obwohl die OTRS-Gabel einige Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat und durch ihre Funktionalität überzeugt, ist die Kundenbasis nicht sehr groß. Laut Angaben des Herstellers gab es Ende 2016 40 KIX Professional-Installationen und “mehrere hundert” KIX-Installationen. Der große Fluchtweg von OTRS zu dem versprochenen besseren Bruder ist also nicht passiert – seit der Markteinführung sind jedoch erst 13 Monate vergangen. Die Zukunftsfähigkeit von KIX muss sich daher erst noch zeigen. Von der Gründung einer Gabel bis zur Fertigstellung eines separaten Produkts wird es einige Zeit dauern.
Request Tracker
Request Tracker (abgekürzt als RT) ist ein alter Hase unter den Open-Source-Helpdesk-Systemen. Seit 1996 wird die in Perl programmierte Lösung von Best Practical Solutions LLC entwickelt. Große Top-100-Unternehmen wie die NASA, Nike oder Merrill Lynch vertrauen auf das kostenlose Ticketsystem. In Deutschland ist RT im Supportbereich bei Hostern und Softwareherstellern besonders beliebt.
Nachteile von Request Tracker
Aufwendige Installation
Die aktuelle Version 4.4 von 2016 erfordert die neuesten Versionen vieler Perl-Module. Da sie selbst bestimmte Releases anderer Perl-Komponenten benötigen, müssen alle erforderlichen Module aus dem CPAN geladen und kompiliert werden. Aber auch dann erfasst die Installation nicht alle Abhängigkeiten, obwohl das Installationsprogramm einen Erfolg meldet. Um die fehlenden Pakete herauszufinden und von Hand zu integrieren, sind Kenntnisse über die Konfiguration des Webservers erforderlich. Einschließlich der Google-Suche dauert es mehrere Stunden, bis der Request Tracker betriebsbereit ist.
Vorteile von Request Tracker
Hauptmerkmal: Verschlüsselung
Im Gegensatz zu anderen Ticketsystemen bietet RT eine nahtlose Integration mit PGP. Durch die PGP-Unterstützung können Benutzer eingehende und ausgehende E-Mails verschlüsseln, entschlüsseln, überprüfen und signieren.
Dies geht sogar so weit, dass RequestTracker auch verschlüsselte Mails an alle RT-Benutzer senden kann, dh wenn eine verschlüsselte Mail im System ankommt und an bestimmte Benutzer weitergeleitet werden soll, entschlüsselt RT die Nachricht und sendet sie an die entsprechenden Benutzer – verschlüsselt mit ihre jeweiligen Schlüssel. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass Request Tracker Antworten und Kommentare von RT-Benutzern per E-Mail erhält, da das System bei einer korrekt signierten (und optional verschlüsselten) E-Mail sicher sein kann, dass die E-Mail vom jeweiligen Benutzer stammt und nicht von jemand anderem.
Die Verschlüsselungsfunktion hat jedoch einen kleinen Stolperstein: Request Tracker kann PGP inline oder PGP / MIME sein. Je nachdem, was der Benutzer in RT konfiguriert, treten Probleme mit dem anderen Format auf.
Tracker Update Ticket anfordern
Automatisierung durch Scripte
Eine Besonderheit, die RT besonders interessant macht, sind die sogenannten Scrips (keine Tippfehler!). Sie ordnen den Ereignissen im Ticketsystem eine bestimmte Reihenfolge von Aktionen zu. Das Funktionsspektrum reicht vom automatischen Versenden von Mails bis zur Abbildung von Workflows. Ein neuer Scrip klickt auf den RT-Benutzer in der Weboberfläche. Skripte selbst bestehen aus gewöhnlichem Perl-Code und bieten Zugriff auf die gesamte RT-API
Differenzierte Rechtevergabe
Request Tracker bietet viele Konfigurationsmöglichkeiten, zum Beispiel eine differenzierte Rechtevergabe für die Benutzer. Der Zugriff kann für Warteschlangen und Problemkategorien separat geregelt werden. Gruppen gruppieren mehrere Benutzer. Auch Benutzergruppen können selbst Mitglieder anderer Gruppen sein, so dass eine hierarchische Berechtigungsstruktur angezeigt werden kann. Dies birgt jedoch die Gefahr, dass sich Definitionen widersprechen.
Übersicht auf vielen Tickets
Alle seriösen Ticketsysteme verfügen über eine Suchfunktion, aber nur wenige bieten dem Benutzer so viele Optionen wie Request Tracker, um die Übersicht über viele Tickets zu behalten. Nach dem Einloggen wird der Benutzer auf die Seite “RT auf einen Blick” geführt, auf der er je nach Einstellung die zehn Tickets mit der höchsten Priorität oder die zehn letzten Anfragen findet.
RT bietet auch die Möglichkeit, Tickets zusammenzuführen (Merge). Aber Achtung! Dieser Schritt kann nicht über das Webinterface rückgängig gemacht werden, sondern nur durch direkte Manipulation der SQL-Datenbank.
Bewertung
Solider Oldie, der ein bisschen aus der Zeit gefallen ist.
Die Bedienung von Request Tracker ist nicht schwierig, aber nicht sehr intuitiv. In vielen Fällen liegt dies nur an der deutschen Übersetzung: Manchmal wurde die gebräuchliche Terminologie unnötig germanisiert, während andere Elemente einfach übersehen wurden
Viele der ehemals innovativen Funktionen von RT sind heute selbstverständlich, beispielsweise die Zuordnung zu verschiedenen Redakteuren, die Identifizierung eingehender E-Mails oder die Meldung von Ereignissen per E-Mail, z. B. das Abschließen einer Anfrage. Request Tracker bietet solide Funktionalität, aber keine innovativen Konzepte wie die Integration von Social Media-Kanälen mit Allegra.
Wenn der Benutzer Tickets als gelöscht markiert (oder auf den Status “gelöscht” setzt), verbleiben sie weiterhin in der Datenbank und können nur mit den normalen Suchfunktionen gefunden werden. Der Hauptgrund dafür ist, dass die Datenbankstruktur von RT das einfache Löschen von Tickets aus der Datenbank nicht zulässt. Dadurch wächst die Größe der Datenbank stetig und bestimmte Vorgänge (z. B. Volltextsuche) werden zunehmend umständlicher.
Einige Benutzer mögen es, wenn solche Fehler in Open-Source-Programmen verzeiht werden, aber im Fall von Request Tracker stellt sich die Frage, ob die Software immer noch als “Enterprise Grade” bezeichnet werden kann.
Request Tracker – Übersicht
Die Vorteile auf einen Blick:
+ Enterprise-Ready (zB Kühne & Nagel Logistics, 20.000-70.000 Tickets / Tag)
+ Weitgehend gestaltbare Oberfläche
+ PGP-Unterstützung
+ Mehrere hundert verfügbare Erweiterungen
Die Nachteile:
– Mühsame und zeitraubende Installation
– Stark auf die USA ausgerichtet
– Lange Entwicklungszyklen
Weitere Informationen
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